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TÜV Rheinland AG, Köln, Deutschland
Keine Kompromisse
Kernfusion und Strahlenschutz
Ob „Sicherheit und Kernfusion“ oder „Strahlenschutz
und Kernfusion“: Wer diese beiden Begriffe googelt,
landet unmittelbar in Greifswald, genauer bei Wendelstein
7-X. Und das hat einen guten Grund, denn Fusion ist nicht
nur in der Forschung, sondern auch im Bereich der Sicherheit
und des Strahlenschutzes ein Zukunftsthema.
Im technischen Regelwerk des Strahlenschutzes und der Kerntechnik
gibt es keine speziellen Regeln für Fusionsanlagen,
deren Sicherheitseigenschaften sich deutlich von Spaltungskraftwerken
unterscheiden. Daher kann bei der Beurteilung des
Sicherheitskonzeptes von Wendelstein 7-X nicht auf ein etabliertes,
unmittelbar anwendbares Regelwerk zurückgegriffen
werden. Dies war insbesondere herausfordernd, da die Experimentieranlage
aus Sicht der Sicherheit und des Strahlenschutzes
einen hochkomplexen, nicht-statischen Aufbau besitzt und Besonderheiten
der Fusion zu berücksichtigen sind. Der Entwicklungsweg
der Anlage reicht von einfachen Wasserstoff-Plasmen
geringer Dichte und kurzer Dauer ohne unmittelbare Strahlenschutzrelevanz
bis zu langanhaltenden, dichten Deuterium-Plasmapulsen
mit der Erzeugung von ionisierender Strahlung und in
sehr geringem Umfang auch radioaktivem Tritium.
Sicherheits- und Strahlenschutzprüfungen dienen dem Ziel,
den Schutz des Menschen und der Umwelt vor den schädlichen
Wirkungen ionisierender Strahlung zu gewährleisten. TÜV
Rheinland, ein weltweit führender unabhängiger Prüfdienstleister,
TÜV Rheinland konnte einen einzigartigen Einblick in
die aktuelle Entwicklung der Fusionsforschung gewinnen
und sein umfassendes Knowhow aus langjähriger
Erfahrung unter anderem mit Forschungsreaktoren,
Großbeschleunigeranlagen und Kernkraftwerken einbringen.
Dieses Knowhow wird auch für den sicheren
Betrieb von ITER eine Rolle spielen, wo TÜV Rheinland
bereits Erfahrungen aus der Inbetriebnahme von Wendelstein
7-X einbringen konnte.
verfügt über einen Erfahrungsschatz unterschiedlichster
Anwendungen ionisierender Strahlung in der Forschung, Medizin,
Technik sowie zur Energieerzeugung. Hieraus wurden
auf die Anwendung bei Wendelstein 7-X übertragbare Sicherheits
und Strahlenschutzanforderungen abgeleitet. Im Fokus
standen dabei insbesondere die Überwachung und Kontrolle der
Erzeugung von Neutronen und Tritium als Folge der Fusionsreaktionen.
In einem mehrstufigen Verfahren wurde geprüft, welche Randbedingungen
erfüllt sein müssen, um die Sicherheit und den
Strahlenschutz zu gewährleisten und ob die dafür erforderlichen
technischen, organisatorischen und personellen Maßnahmen
entweder bereits eingerichtet sind oder rechtzeitig vor dem Erreichen
der betreffenden Experimentphase noch ergriffen werden
können. Daraus entstand ein Prozess der vorlaufenden und
begleitenden Sicherheitsüberprüfung, der es erlaubt, die Anforderungen
für eine sich dynamisch entwickelnde Experimentieranlage
jederzeit auf dem Stand von Wissenschaft und Technik
des Strahlenschutzes sicherzustellen.
Foto: TÜV Rheinland
Wendelstein 7-X