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Nord-Lock AG, St. Gallenkappel, Schweiz
Tempelmann Feinwerktechnik GmbH,
Pinneberg, Deutschland
Selbst die Schrauben sind nicht von der Stange. Hightech-
Produkte halten die einzelnen Segmente des Zentralrings
von Wendelstein 7-X zusammen, der wiederum
– ebenfalls über Schraubverbindungen – die 70 supraleitenden
Spulen trägt. Schraubverbindungen gewähren im Vergleich zu
Schweißverbindungen eine gewisse Flexibilität. Während des
Betriebs von Wendelstein 7-X werden sie stark belastet, zum
einen durch die magnetischen Kräfte, zum anderen durch ihren
Einsatz bei -270 Grad Celsius. Die Nord-Lock AG, Erfinderin
des Superbolt-Systems, lieferte für Wendelstein 7-X Schrauben
aus hochfestem Inconel 718 mit Gewindedurchmessern von
M20 bis M90 und Längen zwischen 100 und 1.350 Millimetern.
Deren Material Inconel 718, von deutlich höherer Festigkeit als
im Handel üblich, stammt von der Firma Tempelmann Feinwerktechnik
und den BGH Edelstahlwerken Freital. Durch diverse
Versuchsreihen, insbesondere bei Tieftemperatur, konnte
es Tempelmann prozesssicher herstellen. Besonders das schwer
zu zerspannende Inconel 718 zu bearbeiten, hat Mensch und
Maschine vor Herausforderungen gestellt.
Geschraubt und nicht geschweißt
Weiterentwicklung
von Schraubverbindungen
Allerdings erfüllte der Reibungskoeffizient der Schrauben noch
nicht die Ansprüche eines Wendelstein 7-X: Je niedriger der
Reibungskoeffizient, desto weniger Kraft ist aufzuwenden, um
die Schrauben anzuziehen. Daher entwickelte Nord-Lock eine
Zweifach-Feststoffbeschichtung. Mit dieser Speziallösung für
Wendelstein 7-X und der gleichzeitigen Verwendung von silberbeschichteten
Muttern und Druckscheiben sank der Reibungskoeffizient
auf 0,06 – zuvor war man mit Spezialschmierstoffen
auf 0,12 bis 0,14 gekommen. Bei eventuellen Neumontagen
Hunderte Schrauben nachschmieren zu müssen – das konnte
man sich nun sparen, denn der erreichte exzellente Wert blieb
über mehrere Spannvorgänge konstant. Dank des niedrigen
Reibungskoeffizienten
waren zudem kleinere Drehmomentschlüssel
einsetzbar, was die Montage im äußert beengten Bauraum
der Fusionsforschungsanlage erleichterte.
Durch die Weiterentwicklung des Superbolt-Systems
und damit einhergehend einer neuen Prozedur zum Anziehen
der Schraubenmuttern können hohe Vorspannungen
in kürzerer Zeit erreicht werden. Heute gehört
dieses Verfahren bei der Nord-Lock AG zum Standard.
Die Tempelmann Feinwerktechnik GmbH sagt: „Diese
Grundlagenforschungen haben uns auch für andere
Projekte qualifiziert. Somit können wir mit gutem Recht
behaupten, ein Spezialist für die Bearbeitung von
Inconel im ausgelagerten Zustand zu sein. Die Zusammenarbeit
mit dem internationalen Team aus Forschern
hat uns im Umgang mit Problemen bereichert, Berührungsängste
abgebaut und positiv beeinflusst.“
Wendelstein 7-X: Verschraubung am Zentralring
Blick in die Drehmaschine: Inconel 718 wird trocken mit Keramikplatten bearbeitet.
Rot glühend werden die Späne abgetragen – die Bolzen entstehen.
Schraubenbolzen aus Inconel 718 für das IPP –
hochfest und korrosionsbeständig
Foto: IPP, Jörg Riemann
Foto: IPP, Jörg Riemann
Foto: IPP, Beate Kemnitz
Fotos: Tempelmann Feinwerktechnik GmbH