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Wendelstein 7-X
Der seit 1991 in Betrieb befindliche Tokamak ASDEX
Upgrade untersucht alle wichtigen Fragen zum Typ
Tokamak eines künftigen Fusionskraftwerks. ASDEX
steht für „Axialsymmetrisches Divertorexperiment“. Benannt
ist es nach dem Divertor, einer speziellen Magnetfeldanordnung.
Mit seiner Hilfe lässt sich die Wechselwirkung zwischen
dem heißen Brennstoff und den umgebenden Wänden kontrollieren.
Seine kraftwerkstaugliche Wolfram-Wandverkleidung
und seine flexible, leistungsstarke Plasmaheizung machen
ASDEX Upgrade zu einem der wichtigsten Tokamaks der Welt.
Die Anlage bereitet den großen internationalen Experimentalreaktor
ITER vor, der derzeit in weltweiter Zusammenarbeit in
Südfrankreich aufgebaut wird. ITER soll zeigen, dass Energiegewinn
durch Kernfusion möglich ist.
Um neue Herausforderungen zu lösen, arbeitet das Team von
ASDEX Upgrade ebenfalls regelmäßig mit Industriepartnern
zusammen.
Spulen und kühlt diese auf Supraleitungstemperatur von circa
-270 Grad Celsius – nahe dem absoluten Nullpunkt – ab. Wegen
der tiefen Betriebstemperatur befinden sich die Spulen in einem
Kryostaten, der aus Plasmagefäß und Außengefäß besteht. Zwischen
diesen beiden Gefäßen wird während des Betriebs ein Vakuum
erzeugt, das die Spulen von der Umgebung wärmeisoliert.
Durch 254 Stutzen kann das Plasma untersucht und aufgeheizt
werden. Für das Aufheizen des Plasmas kommen drei verschiedene
Methoden zum Einsatz: die Mikrowellenheizung mit einer
Leistung von zehn Megawatt, die Heizung mit Radiowellen mit
vier Megawatt und 20 Megawatt Neutralteilcheninjektion.
Wendelstein 7-X ist aus fünf nahezu baugleichen Modulen aufgebaut.
Jedes Modul besteht aus einem Teil des Plasmagefäßes,
seiner thermischen Isolation, zehn supraleitenden Stellaratorspulen
und vier supraleitenden ebenen Spulen samt ihrer Verbindungen
untereinander, der Verrohrung für die Kühlung der
Spulen sowie einem Teil des stützenden Zentralrings und des
Außengefäßes. Im Dezember 2015 wurde Wendelstein 7-X nach
neun Jahren Bauzeit und über einer Million Montagestunden in
Betrieb genommen. Die Anlage wird Schritt für Schritt weiter
ausgebaut.
Tritium
p
p
n
p n
n
p
In der Sonne und den Sternen verschmelzen
Wasserstoffkerne unter dem extremen Druck der
Schwerkraft. Für ein Fusionskraftwerk auf der
Erde müssen andere Methoden angewendet werden.
Unter irdischen Bedingungen verschmelzen
die beiden Wasserstoffarten Deuterium und
Tritium am leichtesten. Dabei entsteht ein Heliumkern,
außerdem wird ein Neutron frei sowie
große Mengen nutzbarer Energie: Ein Gramm
Brennstoff könnte in einem Kraftwerk 90.000 Kilowattstunden
Energie erzeugen; das entspricht
der Verbrennungswärme von elf Tonnen Kohle.
Unternehmen aus ganz Europa haben bei Entwicklung
und Aufbau der Fusionsforschungsanlage Wendel-
stein 7-X eng mit dem Max-Planck-Institut für
Plasmaphysik (IPP) zusammengearbeitet. Dieser Prozess hat
viele Herausforderungen mit sich gebracht und den beteiligten
Unternehmen wertvolles technologisches Knowhow verschafft.
Auf den folgenden Seiten werden einige dieser Spitzenleistungen
beschrieben.
Wendelstein 7-X ist die weltgrößte Fusionsanlage vom Typ
Stellarator. Ihre Aufgabe ist es, die Kraftwerkseignung dieses
Bautyps zu untersuchen. Mit bis zu 30 Minuten langen Entladungen
soll die wesentliche Eigenschaft des Stellarators
demonstriert werden, der Dauerbetrieb.
Kernstück des Experiments ist das Spulensystem aus 50 nichtebenen
und 20 ebenen supraleitenden Magnetspulen. Diese erzeugen
Magnetfelder, in denen Wasserstoffplasmen bei Temperaturen
von bis zu 100 Millionen Grad eingeschlossen und mit
verschiedenen Methoden untersucht werden. Für die Stromleiter
der Magnetspulen werden statt normalleitendem Kupfer
supraleitende Stromleiter aus Niob-Titan verwendet. Während
des Experimentierbetriebs fließt flüssiges Helium durch die
Neutron
n n
Deuterium
n p
n
n
n
p
Helium
ASDEX Upgrade Reaktionsschema Kernfusion: IPP